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Leistungsschutzrecht – Phantasien

Das Leistungsschutzrecht hat vorerst den Bundestag passiert. Wenn auch die aktuelle Version zu Gunsten der Internetgemeinde abgeschwächt wurde, bleibt das ganze Vorhaben immer noch mehr als fraglich. Mögliche Folgen, wahrscheinlich wie unwahrscheinlich möchte ich deshalb darstellen.

Alles aus

Die Auslegung von „kurzer Textausschnitt“ wird so restriktiv, dass keine sinnvolle Anzeige mehr möglich ist.

Google wird versuchen den Verlagen, die bereits bestehende technische Möglichkeit erklären, wie ihre Seiten nicht indizierbar gemacht werden und so nicht in den Suchmaschinen auftauchen. Die Verlage lehnen diese Möglichkeit ab, weil so kein Geld zu verdienen ist. Daraufhin wird eine schwarze Liste nach belgischem Vorbild für alle großen Suchmaschinenanbieter angelegt, die verhindert, dass Seiten von Verlagen gescannt werden.

An den vielen gerichtlichen Verhandlungen zwischen Suchmaschinenbetreiber und Verlagen wegen Wettbewerbsverzerrung verdienen nur die Anwälte. Am Ende bleibt ein dieser Link kann in ihrem Land nicht angezeigt werden. Deutsche Leser finden ihre Nachrichten auf ausländischen Portalen und Verlage jammern, dass sie mehr Geld den je in Suchmaschine Werbung und Optimierung stecken müssen.

Die deutsche und damit zweitgrößte Wikipedia würde für unbestimmte Zeit unter Wartungsarbeiten stehen, weil alle Artikel nach vermeintlich widerrechtlich benutzen Zitaten, Links und Textausschnitten durchsucht werden muss.

Facebook, Twitter, Google+ und Co werden in Deutschland entweder

– kostenpflichtig, so dass eine pauschale an Verlage gezahlt wird, um jedem Nutzer uneingeschränktes teilen, linken, retweeten ermöglicht wird.
– oder ihre AGBs derart erweitern, dass User selbst haften für geteilte Inhalte und Verlage, die die Plattform nutzen damit einverstanden sind, dass ihre Inhalte geteilt werden.

Apps und Programme wie Thunderbird, Google Currents oder einfache RSS Reader werden kriminalisiert und illegal, weil sie die Inhalte von Verlagswebsiten anzeigen. Kurz bevor gegen Browser an sich gehetzt wird, bemerken auch viele Verlage wie lächerlich diese Kampagnen sind, angesicht drastisch sinkender Leser im Onlinebereich, die nicht durch Leser im Printsektor ausgeglichen werden.

Nutzlos

Die Auslegung von kurzer Textausschnitt reicht aus, so dass Newsaggregatoren, wie Suchmaschinen weiterhin wie gehabt arbeiten können. Das Teilen in sozialen Netzwerken bleibt dadurch weiterhin unbehindert, mit Ausnahme von kritischen Stimmen. Hier wird das Leistungsschutzrecht genutzt, um diese Stimmen soweit es geht zu unterdrücken. ACTA lässt grüßen.

Innovation

Das Gesetz wird abgelehnt und stattdessen, wie in Frankreich ein Deal zwischen Suchmaschinenbetreibern und Verlagen ausgehandelt. Es ist vieles anders und nicht leicht, aber neue Geschäftsmodelle sind auch in anderen Branchen entstanden, die dadurch langsam wieder in Schwung kommen.

Zebracar, Drive Now und Flinkster rechnen die Autonutzung im Minuten und Kilometertakt ab. Kann ich mir nicht auch meine Zeitung für eine Stunde Mittagspause mieten?

Adobe Photoshop, Musik oder Videos kann ich mir im Abo holen ( ja, Kultur-Flatrate, nichts anderes ist die GEZ Pauschale) oder pay-per-use. Warum nicht auch Zeitungsartikel?

Meinen Handytarif kann ich mir individuell zusammen klicken. Warum nicht meine Zeitung? Technisch zu aufwändig oder ist der Quartalsdruck zu hoch.

Es wiederholt sich alles. Musik, Film, jetzt die Verlagsbranche. Das Internet macht viele alte Geschäftsmodelle obsolet. Diese aber mit Gesetzen, und vor allem Insellösungen zu schützen, ist kontraproduktiv.